UP!, BERLIN Revitalisierung
Unmittelbar hinter dem Ostbahnhof wurde 1978 im damaligen Ost-Berlin ein „Centrum Warenhaus“ errichtet. Nach einer einschneidenden Transformation beginnt das Gebäude nun als UP! einen neuen Lebensabschnitt als Büro- und Geschäftshaus.

Ehemaliges "Centrum Warenhaus" erwacht zu neuem Leben
Angesichts zunehmender Digitalisierung wird das Einkaufen immer häufiger elektronisch abgewickelt. Das bekommen auch Handelsimmobilien zu spüren: Die Zeit der großen Warenhäuser scheint passé. Ein solcher Einkaufstempel befand sich seit 1979 hinter dem Ostbahnhof im ehemaligen Ost-Berlin. Das „Centrum Warenhaus“ in der Koppenstraße, das später als „Galeria Kaufhof“ genutzt wurde, verzeichnete schließlich rückläufige Umsätze, der Mietvertrag wurde nicht mehr verlängert. Im Jahr 2016 wurde das Objekt mit der prägnanten orangeblauen Fassade abgewickelt – doch es sollte in veränderter Form zu neuem Leben erwachen. In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Szenekiezen in Friedrichshain-Kreuzberg, Media-Spree, zur Mercedes-Benz Arena und zum Holzmarktareal entstanden moderne Lofts mit kreativen Räumen für gemeinsames Arbeiten. UP! heißt das Projekt, das ein „Upgrade“ vom alten Warenhaus zum modernen Working- Space darstellen soll.
» In den frühen Planungsphasen haben wir festgestellt, wie stark sich die Leute der Nachbarschaft mit dem Gebäude identifizieren, das zu DDR-Zeiten eine Ikone war. Deshalb war es umso schöner, dieses Gebäude in ein neues Kapitel seiner Existenz überzuführen, anstatt über Abriss und Neubau nachzudenken.«

Neues Leben hinterm Ostbahnhof
Noch im Jahr 2016 lobte die SIGNA AG einen Wettbewerb aus, den das junge Büro Jasper Architects gewann. Gemeinsam mit Gewers Pudewill wurde die Planung für die Umgestaltung in ein Büro- und Geschäftshaus ausgearbeitet. Die Fertigstellung erfolgte im Frühling 2021, nachdem bereits 2017 ein großer Online-Händler als Hauptmieter festgestanden hatte, der erheblichen Einfluss auf die Layoutplanung und Belegungsszenarien nahm. Darüber hinaus zählen heute auch der globale Finanzdienstleister SumUp und das Start-up Enpal zu den Nutzern der Büroflächen, im Erdgeschoss entstanden Flächen für Cafés, Restaurants, Einzelhandel und Arztpraxen.
Die Revitalisierung des Gebäudes beinhaltete eine umfassende Neustrukturierung und Erweiterung: Der Bestandsbau wurde in großen Teilen entkernt, instand gesetzt sowie um- und ausgebaut. Die größte Herausforderung war es, Tageslicht in den massiven, quadratischen und nahezu fensterlosen Stadtbaustein von 80 Metern Kantenlänge zu bringen. Das gelang dem Planerteam durch einen beherzten Eingriff: Auf jeder Seite des Gebäudes wurde ein v-förmiger Einschnitt vorgenommen, der die einzelnen Etagen an den entsprechenden Stellen treppenartig staffelt, wodurch zahlreiche Terrassen entstanden.
Um die natürliche Belichtung der Arbeitsbereiche zu optimieren, wurden die massiven Seitenwände dreiecksförmig aufgebrochen und neu unterteilt, die Fassade geschosshoch verglast. In den Obergeschossen entstanden somit helle und moderne Büros mit Raumhöhen von bis zu fünf Metern. Den Flächenverlust infolge der Einschnitte glichen die Architekten durch zwei zusätzliche Stockwerke aus. Insgesamt steht den etwa 2.500 Nutzenden eine Nutzfläche von rund 48.000 Quadratmetern zur Verfügung, die Kosten der Umgestaltung beliefen sich auf rund 100 Millionen Euro.
» Ich denke, mit dem UP! Berlin ist uns ein Beispiel gelungen, wie man mit großen Bestandsimmobilien in Städten umgehen kann.«

Moderne Arbeitswelten
Um die natürliche Belichtung der Arbeitsbereiche zu optimieren, wurden die massiven Seitenwände dreiecksförmig aufgebrochen und neu unterteilt, die Fassade geschosshoch verglast. In den Obergeschossen entstanden somit helle und moderne Büros mit Raumhöhen von bis zu fünf Metern. Den Flächenverlust infolge der Einschnitte glichen die Architekten durch zwei zusätzliche Stockwerke aus. Insgesamt steht den etwa 2.500 Nutzenden eine Nutzfläche von rund 48.000 Quadratmetern zur Verfügung, die Kosten der Umgestaltung beliefen sich auf rund 100 Millionen Euro.
Im Zuge der Umgestaltung blieben Bestandsstützen und Unterzüge als sichtbare Betonflächen erhalten. Aus optischen Gründen erhielten auch Erweiterungen der Tragstruktur und neue Deckenbereiche dieselbe raue Betonoberfläche. Die Deckentragwerke der Aufstockungen wurden in Fertigteilbauweise als Spannbeton-Fertigdecken mit Spannbetonunterzügen ausgebildet und technische Installationen als Sichtinstallationen ausgeführt. In den Regelgeschossen der Büroetagen sind die Hohl- beziehungsweise Doppelböden mit Kautschuk- und/oder Teppichbelägen versehen. Die Bodenaufbauten im Erdgeschoss wurden mit schwimmendem Estrich auf Trittschalldämmung als Sichtestrich beziehungsweise Terrazzo ausgeführt. Das Raumkonzept umfasst großzügige Open-Office-Flächen entlang der Fassadenflächen sowie Voids und Meetingräume. Der „Living Room“ ist das Herzstück jeder Etage und ein Ort der informellen Begegnung. Im dritten Obergeschoss prägen Produktionsboxen und Kleiderkammern das Interior, da hier regelmäßig Fotoshootings für die Webseite des Hauptmieters stattfinden.

Nachhaltig und energieeffizient
Darüber hinaus verfügt das revitalisierte Gebäude über eine eigene Energiezentrale. Eine Wetterstation liefert Informationen für die automatisch gesteuerte Beleuchtung und den Blendschutz. Der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes wird zu gleichen Anteilen durch ein Blockheizkraftwerk und einen Kanalwärmetauscher generiert. Mit 200 Metern Länge ist es das bisher größte in Berlin realisierte Kanalwärmetauscherprojekt. Dem über das Jahr konstant temperierten Abwasser wird wechselweise nach Jahreszeit Wärme oder Kälte entzogen. Insgesamt spart das rund 400 Tonnen CO² im Jahr.
Die Verteilung erfolgt über Unterflurkonvektoren entlang der Fassaden und über Deckensegel – beide Systeme fungieren je nach Jahreszeit als Heizung oder Kühlung. Die Terrassendächer sind als Warmdach angelegt. Das Hauptdach über dem 8. Obergeschoss ist als Retentionsdach zudem begrünt. Durch die Beibehaltung der Bestandsstruktur und den Einsatz modernster Wärme- und Kühltechnik erreicht das Projekt eine hervorragende CO²-Bilanz. Das UP! hat für ökologisch nachhaltiges Bauen das LEED Gold Zertifikat erhalten.
Für UP!, Berlin hat SIGNA als Projektentwickler insgesamt vier Architekturbüros eingeladen, darunter ein recht unbekanntes aus Buenos Aires. Nach welchen Kriterien wurde die Auswahl getroffen?
Sebastian Schmidt: Bei UP! ging es darum, für eine klassische Warenhausarchitektur – quadratisch, praktisch, gut, aber ohne große Belichtung – die Nutzungsart zu ändern und dafür musste Licht ins Gebäude gebracht werden. Drei der vier Büros hatten die Idee, einen Lichthof in die Mitte zu schneiden und Martin Jasper hatte eben diesen unkonventionellen Einfall, von außen durch sogenannte Voids die Belichtung zu erreichen. Das hat den Ausschlag gegeben, seinen Entwurf weiter zu verfolgen.
Nutzen Sie immer Architekturwettbewerbe und warum wurde in diesem Fall der Gewinner nicht allein beauftragt?
Katharina Komann: Das hängt vom Projekt ab. Brauchen wir viel Hilfe von außen oder haben wir vielleicht schon ein Büro im Kopf, von dem wir denken: Das ist der perfekte Architekt dafür. Bei UP! haben wir uns dann entschieden, auf eine Mischung aus einem erfahreneren Architekturbüro, dem zweitplatzierten Büro Gewers Pudewill, und dem sehr jungen Büro von Martin Jasper zu setzen, um das Beste aus beiden hervorzubringen.
Stand von vorneherein fest, dass mit dem Bestand gearbeitet wird?
Katharina Komann: Ja, das war der Wettbewerbsgedanke. Für mich sind die lichten Raumhöhen von 4,50 m, die das Gebäude prägen, der faszinierende Vorteil des Bestandes. Es war auch immer klar, dass man die Deckenstruktur belässt, also die verlorene Schalung mit den Rippendecken.
Welche besonderen Herausforderungen ergaben sich bei der Umsetzung?
Katharina Komann: Die Treppenhäuser sollten zuerst mit Gipskarton verkleidet und clean gemacht werden. Im Laufe des Prozesses hat man gemerkt, dass das eigentlich gar nicht zum Gedanken des Umgangs mit dem Bestand passt und entschieden: Wir lassen die Wände roh, reinigen sie nur und verfestigen, wo es notwendig ist. Ich glaube, das wäre nicht für jeden Nutzer gut gewesen, aber in diesem Fall passt es.
Inwieweit spielten auch Klimaschutz und Nachhaltigkeit eine Rolle?
Sebastian Schmidt: Die CO²-Einsparung ist bei dem Projekt ein ganz großes Thema gewesen. Insgesamt wurden 8.229 t CO² eingespart. Wir untersuchen jetzt bei vielen Projekten, ob der Erhalt des Bestands möglich ist oder nicht. Aber es gibt eben auch Objekte, bei denen man feststellt, dass es keinen Wert bringt.
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Katharina Komann: Wenn ich ein Projekt übernehme, dann stecke ich sehr viel Herzblut rein und will, dass es richtig gut wird. Und ja, ich sehr bin zufrieden, weil es eine tolle Mischung aus Neu und Alt geworden ist. Es ist innen sehr roh belassen, während die wahnsinnig cleane Fassade außen einen krassen Gegensatz dazu bildet. Das ist schon echt toll geworden.
Was nehmen Sie aus dem Projekt mit?
Sebastian Schmidt: Sie sich immer ganz genau anzusehen: Was ist möglich mit dem Bestand. So hat sich das auch am Hermannplatz (Umbau Karstadt am Hermannplatz in Berlin) entwickelt. Dort sollte zuerst abgerissen werden, aber dann haben wir nach Tausenden Bohrungen festgestellt, dass der Beton auch für eine Aufstockung tragfähig ist.
Objektdaten
- Objekt UP!
- Bauherr SIGNA AG/Berlin, Ostbahnhof Immobilien GmbH & Co. KG
- Architekten Jasper Architects und Gewers Pudewill
- Bauleitung Prof. Burkhardt Ingenieure GmbH
- Bauzeit 07.2017–01.2021
- Nutzfläche NRF 55.400 m²
- Brutto-Grundfläche 62.700 m²
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