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Werner Huthmacher

SYSTELIOS PRIVATKLINIK Therapiegerechte Innenräume: Wencke Katharina Schoger im Interview

Mitten im Odenwald, gut 30 Kilometer östlich von Mannheim, eröffnete vor 13 Jahren die psychosomatische sysTelios Klinik. Der auf dem früheren Gasthof und Hotel „Zum Tannenblick“ basierende Ursprungsbau wurde 2011 durch einen Neu- und Erweiterungsbau ergänzt. Mit einer Kombination aus hypnotherapeutisch-systemischer Therapie, Bewegungs-, Körper-, Kunst- und Musiktherapie werden hier vor allem Klienten mit akuten Problemen wie Depressionen, Angststörungen und Burn-out-Syndromen behandelt. Die Innenräume hat das Berliner Architekturbüro REUTER SCHOGER als Überführung der therapeutischen Zielsetzung konzipiert.

»Wirkungsvolle, einzigartige Räume mit multifunktionalen Möbeln ermöglichen das richtige Maß zwischen Formung und gestalterischer Offenheit.«

Wencke Katharina Schoger

Alma Katharina Reuter

Zur Person:

Wencke Katharina Schoger arbeitet bereits seit Ende der 1980er Jahre mit Johannes Reuter zusammen. Im Jahr 2005 gründeten sie gemeinsam die REUTER SCHOGER Architektur Innenarchitektur Part mbB. Das Berliner Büro legt den Fokus auf die ganzheitliche Entwicklung von Architektur und Innenarchitektur, die inspiriert und ein positives Lebensgefühl vermittelt. Das Portfolio umfasst neben Kliniken unter anderem auch Hotels, Kirchen und Eventlocations wie Theater.

Welche funktionalen und ästhetischen Aspekte waren in der Planung besonders wichtig?

Einerseits galt es, Raumformen mit großer Offenheit zu schaffen, die Begegnung, Bewegung und Kommunikation fördern. Dementsprechend haben wir flexible Räume und multifunktionale Möbel mit spontanen Umbaumöglichkeiten entwickelt. Helligkeit und Robustheit waren hier wichtig und dass der Raum als Umgebung eher in den Hintergrund tritt. Die Rolle des Hauptdarstellers sollte den Klienten überlassen werden. Andererseits musste es auch Räume geben, die notwendige Rückzugmöglichkeiten bieten.

Haben Sie sich vorher mit dem therapeutischen Konzept von sysTelios vertraut gemacht?

Ja, die Besprechungen fanden fast alle in der Klinik statt. Insofern haben wir hautnah miterlebt, wie die Klienten sich in dem Gebäude bewegen, wie sie sich begegnen, gemeinsam essen und welche Atmosphäre zwischen den Klienten und den Therapeuten herrscht. Auch die Natur wird dort sehr stark von den Klienten genutzt, und viele therapeutische Angebote finden draußen statt.

Könnten Sie näher erläutern, wie sich die Therapieansätze der Klinik in den unterschiedlichen Raumformen und im Mobiliar ausdrücken?

Zum Lernziel der Therapien zählt es, bewusst wahrzunehmen, was persönlich guttut und was nicht. Was will ich und was nicht? Wo, wie und womit fühle ich mich wohl? Es geht darum, der eigenen Wahrnehmung zu folgen und die Umgebung entsprechend aktiv anzupassen. Das bedingt eine räumliche Umgebung, die harmonisch, animierend und tragend ist und gleichzeitig gestalterisch offen, wenig festgeschrieben und vielfältig veränderbar. Es gibt also modulare, handliche, relativ leichte Möbel, die als Sonderanfertigung bezahlbar sind. Sie lassen sich einfach bewegen, drehen, stapeln und wenden und damit auf die persönlichen Bedürfnisse spontan anpassen. So entsteht eine räumliche Umgebung, die eine intensive, aber freie Basis anbietet und von den Klienten personifiziert werden kann und darf. Und das machen Menschen nur mit Möbeln, denen man ansieht, dass sie sich dafür eignen, die den Reiz zum Umbauen auslösen.

Die Vertrauensbuchhandlung ist ein sehr wichtiger Bestandteil, um die Eigenverantwortung und Kompetenz der Klienten zu stärken. Aus diesem Grund gibt es dort auch keinen Verkäufer.

Wencke Katharina Schoger

Worauf lag Ihr Fokus bei Materialkonzepten und der Farb- und Lichtgestaltung?

Unser Ziel war es, der persönlichen Prägung durch Klienten Freiraum zu geben. In jedem Geschoss stehen dafür Aussuchräume mit farbigen Ausstattungs-, Gebrauchsund Dekorationselementen zur Verfügung. Wichtig war es, wenige und echte, erkennbare Materialien zu verwenden und auf Imitationen zu verzichten. Weiß wurde als Grundfarbe eingesetzt, ergänzt durch helle Grautöne und wenige Akzente in Rot. Die Verwendung von Holz spielt eine große Rolle. Viele Möbel sind aus Sperrholz, der Bodenbelag ist aus stark belastbarem Industrieparkett. In den Zimmerfluren setzen Teppichfelder in Grüntönen den Landschaftsausblick durch die Fensteröffnungen am Ende der Flure fort. Ansonsten hat die Lichtgestaltung eher leitende, fokussierende und aktivierende Aufgaben.

Und woran orientiert sich die Ausstattung der Sanitärbereiche?

Hier war ebenfalls Flexibilität gefragt, aber eher aus praktischen Gründen. Mobile Stauraummöbel unter den Waschtischen wären ein Beispiel. Wir haben uns für klare, schlichte Armaturen entschieden und eine Duscharmatur mit direkter Ablagemöglichkeit.

Jeder kennt den ernüchternden morgendlichen Blick in den Badezimmerspiegel, in einem oft unbarmherzigen, hellen Licht. Versucht man das im Klinikkontext zu vermeiden?

In der Tat, die Verwendung von Spiegeln, vor allem von Ganzkörperspiegeln, ist nicht ganz einfach. Daher ist das Licht häufig gedimmt und lenkt den Blick mehr zur Decke. Durch indirekte Beleuchtung wird zudem eine Art kontemplative Lichtstimmung erzeugt.

Eine Besonderheit ist außerdem das Schwimmbad, das durch eine durchsichtige Fensterfront mit einer Bibliothek verbunden ist. Welcher Gedanke steckte dahinter?

Es handelt sich um eine Vertrauensbuchhandlung. Man kann dort Bücher anschauen, sich aufhalten, lesen und auch Bücher kaufen. Aber es gibt keinen Verkäufer, keine Aufsicht. Das ist ein sehr wichtiger Bestandteil, um die Eigenkompetenz der Klienten zu stärken. Es wird sehr geschätzt, dass es diese Buchhandlung gibt. Wir haben sie direkt neben dem Schwimmbad geplant, um die spezielle Verbindung des Lesens mit dem Wasser zu nutzen. Man kann von der Vertrauensbuchhandlung auf den Poolbereich schauen und vom Poolbereich auf die Bücher. In den Therapien wird viel mit „Musterunterbrechungen“ gearbeitet und das ist eben auch so eine Unterbrechung.

Die Gesamtplanung des Projekts oblag dem ortsansässigen Architekten Reinhart Strümpfel. Wie ist die Zusammenarbeit abgelaufen?

Strümpfel Architekten haben die Raumformen, Materialien, Oberflächen und Leuchten nach unserer Entwurfsplanung in ihre Hochbau-Planung übernommen und bis zur Fertigstellung betreut. Für die Konzept- und Möbelentwicklung bis hin zur Bestellung haben wir mit Prof. Inge Sommer und Constanze Nothnagel vom Designbüro Juliform aus Berlin zusammengearbeitet. Strümpfel Architekten übernahm dann in Abstimmung mit uns auch die Bauleitung für Einbauten und lose Möbel vor Ort.

Objektdaten

  • Objekt sysTelios Privatklinik, Wald-Michelbach
  • Bauherr sysTelios Privatklinik
  • Innenarchitektur, Möbelentwicklung, Lichtgestaltung REUTER SCHOGER Architektur Innenarchitektur Part mbB
  • Projektteam Wencke Katharina Schoger, Johannes Reuter, Sandra Rahm, Sandra Schröpfer, Jana Korbel
  • Gesamtplanung Strümpfel Architekten
  • BGF 7.575 m²
  • Fertigstellung 2011

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