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Meike Hansen / Archimage

Alte Spinnerei, Kolbermoor

Ob Ausstellungsraum in der ehemaligen Tuchfabrik oder Schwimmbad in der stillgelegten Zeche – eine Vielzahl denkmalgeschützter Industrieareale, die in Folge des Strukturwandels lange Zeit leer standen, wurden in den letzten Jahren einer neuen Nutzung zugeführt. So auch die ehemalige Baumwollspinnerei in Kolbermoor, deren Revitalisierung weit mehr umfasst als die Sanierung eines denkmalgeschützten Gebäudes: Auf dem rund 200.000 m² großen Gelände ist innerhalb der letzten zwanzig Jahre ein komplett neuer Stadtteil entstanden.

Meike Hansen / Archimage
Nach einem Brand wurde die ehemalige Baumwollspinnerei 1899 neu errichtet und blieb bis 1992 in Betrieb. 2006 erwarb die Familie Werndl das alte Fabrikgelände.

Umnutzung der alten Spinnereigebäude

Das attraktive und lebendige Quartier rund um die ehemalige Spinnerei zeichnet sich durch eine harmonische Verbindung von historischem Bestand und moderner Architektur sowie durch eine gelungene Mischnutzung aus. Durch die behutsame Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude konnte der industrielle Charakter des Areals erhalten werden, während gleichzeitig die räumliche Aufteilung der Gebäude ihrer jeweiligen neuen Nutzung angepasst wurde. Die Originalsubstanz des Pförtnerhauses konnte in weiten Teilen bewahrt werden, das ehemalige Verwaltungsgebäude, dessen hohe, luftig wirkenden Räume wieder ihre ursprüngliche Gestalt haben, beherbergt heute eine Kunstakademie. Der alte Dachstuhl des Baumwollmagazins mit seinen 16 Meter überspannenden Holzbindern konnte restauriert werden – hier, wie auch im ehemaligen Batteurgebäude, sind Loftbüros und Ladenflächen mit eindrucksvollen Raumhöhen untergebracht. Mit einem Entladekran und einem großen Dampfkessel erinnern Kessel- und Turbinenhaus an ihre ehemalige industrielle Nutzung. Und das alte Spinnereigebäude, teils in klassischer Industriearchitektur restauriert, teils durch modernere Stahlbeton-Bautechnik ergänzt, bietet Platz für Wohnungen und gewerblich genutzte Räumlichkeiten.

» Wir sehen nicht nur ein verfallenes Gebäude, sondern eine bewegende Historie, die in vielen Fällen einen ganzen Ort geprägt hat.«

Dr. Max von Bredow, Geschäftsführer Quest Baukultur GmbH

REVITALISIERUNG DER ALTEN SPINNEREI – EIN GENERATIONENWERK

Andreas Jakob
Maximilian Werndl, Geschäftsführer der Werndl & Partner GmbH, im Gespräch

Das Bauprojekt „Spinnerei Kolbermoor“ ist ein umfangreiches Revitalisierungsvorhaben – bestehend aus der alten Spinnerei sowie neuen Gebäuden, die innerhalb der letzten zwanzig Jahre entstanden sind. War das Ganze von Anfang an so groß geplant? Oder anders: Ist das Konzept aufgegangen?

Am Ursprung des Projekts stand die Idee meines Vaters und meines Onkels, Industriedenkmäler in der Region zu konservieren und wiederzubeleben. Bei der Spinnerei ging es um ein Areal mit über 200.000 m² Grundstücksfläche. Aus heutiger Sicht kann man vielleicht von Glück sprechen, dass ihnen damals, trotz aller Erfahrung, nicht in Gänze bewusst war, wie viel Aufwand eine Revitalisierungsmaßnahme in dieser Größenordnung bedeutet – sonst hätten sie vielleicht von der Umsetzung abgesehen. Ein Ziel gab es dennoch von Anfang an: Es sollte ein Areal mit eigener Struktur und einer Mischnutzung entstehen – Wohnen, Einkaufen und Arbeiten sollten an einem Ort zusammenfließen. Diese Idee ist auf jeden Fall aufgegangen, auch wenn sie sich natürlich im Laufe der letzten zwanzig Jahre immer wieder verändert hat.

Wie sah denn die ursprüngliche Beschaffenheit des Areals im Jahr 2002 aus?

Den allgemeinen Zustand des Bestands kann man wohl als desolat bezeichnen. Überall waren wunderschöne und geschmacklose Elemente miteinander verbaut, die Stabilität der Gebäude war häufig fraglich und darüber hinaus gab es immer wieder Probleme mit dem Verbau giftiger Baustoffe, die identifiziert und gesondert entsorgt werden mussten. Die Stadt Kolbermoor ist tatsächlich um die Fabrik herum entstanden – die Spinnerei war damals sicherlich ein faszinierender Ort. Mit dem Textilsterben in Mitteleuropa ist das Gelände zu einem verlassenen oder besser: zu einem weniger repräsentativen Viertel verkommen. Durch den Umbau und auch die Wiederbelebung des Parks konnten wir das Areal zu neuem Leben erwecken.

In einer großen Schlagmaschine, dem sogenannten Batteur, wurde die Baumwolle aufgelockert und von Verunreinigungen befreit. Das stark baufällige Gebäude aus dem Jahr 1862 wurde aufwendig saniert.
Neben einer Bar sind im ehemaligen Batteurgebäude heute auch Ladengeschäfte, Büros und Arztpraxen untergebracht.

Durch die vielen Gebäude nimmt das Bauprojekt großen Raum in Kolbermoor ein, es ist ein lebendiges Quartier zum Leben und Arbeiten entstanden. Wie waren die Maßgaben seitens der Stadt?

Die Entwicklung der Spinnerei wäre ohne die Unterstützung des Bürgermeisters der Stadt Kolbermoor nicht möglich gewesen. Das ist nicht selbstverständlich – es gibt leider viele Kommunen, in denen die Umsetzung eines solchen Projekts nicht denkbar wäre. Natürlich gab es auch hier Vorstellungen, die wir mit unserer Vision in Einklang bringen mussten. Eine dieser Auflagen war zum Beispiel die, noch vor der Sanierung der historischen Gebäude gewerbliche Infrastrukturen zu schaffen. Bis heute ist spürbar, dass diese nicht als Teil des Gesamtkonzepts entstanden sind. Eine Lehre, die wir aus dem Projekt gezogen haben: Man muss immer eine Balance finden zwischen den Anforderungen oder Maßgaben von außen und dem, was einem Projekt guttut.

In Deutschland gibt es mittlerweile viele umgenutzte Industriedenkmäler – viele von ihnen sind preisgekrönt. Was ist das Besondere an der Spinnerei?

In all den Industriedenkmälern spürt man den Geist einer längst vergangenen Zeit – der ist durchweg und an jedem Ort großartig. Durch die Ergänzung der historischen Bauten mit modernen Elementen entstehen wunderbare Kontraste. Das Besondere an der Alten Spinnerei ist für mich vor allem ihre geografische Lage: Die Region ist so vielseitig – man kann urban leben, aber trotzdem innerhalb kurzer Zeit in den Bergen sein.

Das Projekt und die einzelnen Bauten haben viel Anklang gefunden – angefangen bei den Menschen vor Ort bis hin zur Fachpresse. Dennoch: Wie beurteilen Sie das Gesamtprojekt in der Retrospektive?

Manchmal verändern einzelne Ereignisse den Lauf der Dinge, ohne dass man Einfluss auf diese hat. Die ursprüngliche Vision des Projekts ist geblieben: Erhalt, Konservierung und Weitererzählen der Geschichte der Baumwollspinnerei. Retrospektiv haben wir, denke ich, vieles richtig gemacht. Einzelne Fehlentscheidungen konnten wir ausbügeln, andere warten darauf, irgendwann nochmals angepackt zu werden, wie zum Beispiel die eingangs erwähnten Gewerbebauten. Letztendlich braucht man vor allem einen Polarstern, den man nicht aus den Augen verliert – und darüber hinaus: Beharrlichkeit, Energie und Leidenschaft für das, was man tut.

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Mit ihrer außergewöhnlichen Architektur, großzügigen Balkonen und begrüntem Dach fügen sich die Y-Häuser harmonisch in ihre natürliche Umgebung ein.

Zwei neue Gebäudetypen zur Wohnnutzung

Auf dem Gelände des Spinnereiparks, der sich westlich an die historischen Bestandsgebäude anschließt und als vielseitiges Naherholungsgebiet revitalisiert wurde, sind zusätzlich zwei Gebäudetypen zur Wohnnutzung nach den Plänen von Behnisch Architekten entstanden. Die sogenannten Conradty-Häuser bilden nach Norden hin den Abschluss des Quartiers. Die nach Süden ausgerichtete Holzfassade der Gebäude öffnet sich durch versetzt angeordnete Glasflächen und Balkone zum angrenzenden Park, sodass die Wohneinheiten einen Blick ins Grüne bieten – in den oberen Stockwerken sogar bis hin zu den nahegelegenen Bergen.

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Die nach ihrer Form benannten Y-Häuser wurden als Solitäre geplant und so im Park platziert, dass der alte Baumbestand erhalten werden konnte. Prägendes Element der durch große Glasflächen durchbrochenen Lochfassade mit ihrer silbrig-grauen Holzverschalung sind die horizontalen Bänder der weißen, auf- und absteigenden Balkonbrüstungen. Mit den versetzten Terrassen verleihen sie den Gebäuden eine natürlich erscheinende Bewegung. Die sich nach außen schiebenden Balkone mit ihrer raumhohen Verglasung erlauben die dreiseitige natürliche Belichtung jeder Wohneinheit, deren Raumaufteilung durch variable Grundrisse individuell planbar ist. Im Innenraum schaffen die gelblich-grünen Töne der farblich akzentuierten Böden eine Verbindung zur umgebenden Natur und kontrastieren gleichzeitig mit dem Eichenholz der Wohnungstüren, dem Sichtbeton der Decken und dem weißen Putz der Wandflächen.

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Formbedingt erhält jede Wohnung Tageslicht von drei Seiten. Die Dachterrassen erlauben einen Rundblick über das ehemalige Fabrikgelände.
Zwischen Mangfallkanal, Spinnereipark und dem namensgebenden Rosengarten haben Behnisch Architekten einen Neubau mit insgesamt 16 barrierefreien Wohnungen und zwei Galeriewohnungen geschaffen.

Wohnen am Rosengarten

Im Übergang von Spinnereineubau zum anschließenden Rosengarten schafft ein gespanntes Seilnetz eine symbolische Verbindung zum industriellen Erbe der Spinnerei – und bildet in seiner filigranen Gestaltung einen spannenden Gegenpol zum historischen Bestand. Auch die neuen Gebäude stehen im Kontrast zu den denkmalgeschützten Bauteilen, fügen sich aber gleichzeitig wie selbstverständlich in das Ensemble ein. Neben den Conradty- und den Y-Häusern sowie den Loftreihenhäusern am Mangfallkanal wurde bereits 2014 in Zusammenarbeit mit Behnisch Architekten München das Projekt „Wohnen am Rosengarten“ fertig gestellt: Die kubischen Häuser beherbergen Wohnungen mit Deckenhöhen von bis zu drei Metern. Industrielle Elemente wie die roh belassenen Betondecken schaffen einen gestalterischen Bezug zum Charakter des alten Fabrikgeländes.

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Spinnereihof als (vorläufiger) Schlussstein

Die Revitalisierung des alten Spinnereigeländes ist geprägt durch die Wiederbelebung des historischen Bestands, eine breit gefächerte Mischnutzung und vor allem die Umsetzung innovativer Ideen – kurz: die Schaffung einer behutsamen Verbindung zwischen Alt und Neu. Der Erhalt des ursprünglichen Charmes der Gebäude, in denen das Leben und Arbeiten in der alten Baumwollspinnerei noch heute zu spüren ist, stand von Anfang an im Fokus des Projekts. Den (vorläufigen) Schlussstein bildet der Spinnereihof: ein modernes Wohnkonzept mit Gewerbeanteil, industriellen Elementen, begrünten Fassaden und Dachflächen sowie einem Innenhof. Die Fertigstellung aller Baumaßnahmen ist für das Jahr 2025 vorgesehen. Aber, wer weiß: Die Leidenschaft für das Projekt ist geblieben und an Ideen für weitere Maßnahmen mangelt es sicher nicht.

Eurostyle Cosmopolitan Armaturen überzeugen mit ihrer reduzierten Gestaltung. Varianten mit Temperatur- und Mengenbegrenzer unterstützen zudem beim Wasser und Energiesparen.

Moderne Akzente im Bad

Ganz im Sinne des Ansatzes der Architekten, historische Bausubstanz mit zeitgemäßen Ausstattungselementen zu verbinden, sind die Bäder in den Gebäuden im Spinnerei-Areal modern und puristisch gestaltet. Die Armaturen der Linie Eurostyle Cosmopolitan mit ihrem schlanken Armaturenkörper in der charakteristischen Schlüsselloch-Optik werden dabei zu optischen Glanzpunkten an den Waschtischen.

Objektdaten

  • Objekt Spinnerei Kolbermoor
  • Bauherr, Projektentwickler, Betreiber Werndl & Partner GmbH, Quest Baukultur GmbH
  • Architekten Behnisch Architekten, Quest Architekten, LBGO Architekten
  • Fertigstellung Alte Spinnerei, Energiezentrale, Batteurgebäude, Wohnen am Rosengarten (alle 2014); Loftreihenhäuser, Leben im Park (2019, 1. Bauabschnitt mit den Häusern 1&2); Spinnereihof (2021)

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