» IN KLEINEN SCHRITTEN LERNEN« THE CRADLE: Antonino Vultaggio im Interview
Kreislaufgerechtes Bauen erfordert von allen beteiligten Akteuren einen langen Atem. Antonino Vultaggio erläutert in seiner Gesellschafterfunktion bei der HPP Architekten GmbH, wie interdisziplinäres Planen bei „The Cradle“ zum Erfolg führte.
„The Cradle“ ist eines der ersten Gebäude in Deutschland, das konsequent nach dem C2C-Prinzip entwickelt wurde. Wie ist das Projekt zustande gekommen?
Im Rahmen einer Grundstücksausschreibung der Stadt Düsseldorf wurden die Nachhaltigkeitsfaktoren überdurchschnittlich bewertet. Dies hat uns im Jahre 2016 gemeinsam mit Interboden dazu veranlasst, grundsätzlich über das Thema C2C nachzudenken und dies als Grundlage eines holistischen Gebäudeentwurfes zu nehmen. Fluch und vielleicht sogar Segen war, dass es damals so gut wie keine Benchmarks gab und wir alles aus einem speziell kuratierten Team heraus gedacht haben.
Der Umsetzung ging eine rund vierjährige Planungszeit voraus: Inwiefern verändert das kreislaufgerechte Bauen den Planungsprozess als solchen – gerade auch im Hinblick auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Architekten, Ingenieuren und Herstellern?
Der Planungsprozess war intensiver und weitreichender als der für herkömmliche Gebäude. Für viele Fragestellungen gab es keine Routinen oder Best Practices, auf die wir uns hätten berufen können. Vielmehr wurden in intensiven interdisziplinären Planungsrunden Fragestellungen formuliert und neue Lösungsansätze evaluiert. Alle mit dem Ziel, ein C2C-inspiriertes Gebäude zu entwickeln, bei dem das Zirkuläre weit über den reinen Materialkreislaufgedanken hinaus geht. Ich bin mir sicher, dass wir auf absehbare Zeit auch hier Routinen entwickeln werden und sich die Komplexität reduzieren wird.
Worin bestanden die größten Herausforderungen in der Umsetzung?
Beim Projektstart 2016 gab es noch so gut wie keine Produkte, die für das kreislaufgerechte Bauen an sich geeignet waren. Sämtliche Materialien haben wir gemeinsam mit EPEA als Berater anhand von Produkteigenschaften hinsichtlich ihrer Toxizität und Sortenreinheit sowie ihres zerstörungsfreien Ausbaus hin ausgesucht. Heute gibt es bereits viele C2C-zertifizierte Produkte, die man einfach auswählen kann, auch ohne eine aufwendige Planung und den Zugriff auf Madaster.
An welchen Stellschrauben müssen wir besonders drehen, um das kreislaufgerechte Bauen in Deutschland zum Standard zu machen?
Jeder Einzelne von uns muss dies zunächst einmal wollen und im Kleinen umsetzen. Damit kann jeder von uns in kleinen Schritten Lerneffekte erzielen, einen Beitrag leisten und diesen sukzessive ausbauen. Jeder, der versucht, alles richtig zu machen und sich damit den Start schwerer macht als nötig, scheitert bereits am Anfang. Darauf zu warten, dass es die Regulatorik regelt, ist meines Erachtens eine Ausrede und mutlos. Wir als Architekten können hier die Angebote machen, wie Lösungen aussehen können.
» Jeder, der versucht alles richtig zu machen und sich damit den Start schwerer macht als nötig, scheitert bereits am Anfang.«